In Anlehnung an die „Empfehlungen für Aufarbeitungsprozesse in Institutionen“ (2019) der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs gehört zu einem Schutzkonzept, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wann und wie unter Beteiligung von externen Expert*innen eine Aufarbeitung von (sexualisierter) Gewalt, Übergriffen, Machtmissbrauch oder Verfehlungen in der Pflegekinderhilfe notwendig ist. Dabei ist eine Aufarbeitung grundsätzlich von einer internen organisationalen Fallanalyse zu unterscheiden, die zum professionellen Alltag in Jugendämtern gehört und zumindest am Ende jedes Verfahrensplans stehen sollte (siehe Baustein 3).
Ausgangspunkt von „Aufarbeitungsprozessen“ ist das Recht der Betroffenen, dass die verantwortliche Organisationsstruktur sich einer externen Analyse unterstellt und diese finanziert:
Aufarbeitungsprozesse sind zwingend erforderlich, wenn die persönlichen Rechte von Schutzbefohlenen nachhaltig verletzt wurden und es für die Betroffenen gegenwärtig, zukünftig oder im späteren Lebensalter unklar bleiben könnte, wie es zu Verfehlungen kommen konnte. Betroffene haben auch ein Recht darauf zu erfahren, wer sich der Verantwortung zu stellen hat. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn es Anzeichen für Vertuschungen gibt und/oder frühere (auch verjährte) oder aktuelle strafrechtlich relevante Verfehlungen vorliegen. Aufarbeitungsprozesse können sich demnach auf aktuelle Fälle sowie auf „Altfälle“ beziehen.
Die Landesjugendämter erarbeiten einen Handlungsrahmen für Aufarbeitungsprozesse in der Pflegekinderhilfe. Dieser enthält Kriterien, wann und unter welchen Bedingungen eine externe Aufarbeitung erforderlich ist.
Bisherige Empfehlungen zu Aufarbeitungsprozessen beziehen sich in erster Linie auf einzelne Organisationen. Die Pflegekinderhilfe ist eine komplexe Infrastruktur aus privaten und öffentlichen Instanzen sowie Einzelpersonen mit unterschiedlichen öffentlichen Aufträgen.
Das Jugendamt stellt sicher, dass beim Aufarbeitungsprozess alle Betroffenheiten und Beteiligten der Infrastruktur der Pflegekinderhilfe berücksichtigt und ihre persönlichen Rechte respektiert werden.
An erster Stelle des Aufarbeitungsprozesses stehen die persönlichen Rechte der Betroffenen. Teil des Handlungsrahmens für Aufarbeitungsprozesse des Landesjugendamtes muss daher die kontinuierliche Berücksichtigung, Klärung der Rechte und Wünsche der Betroffenen in der Aufarbeitung sein.